Unsere Vorstandsmitgliedin, Kerstin Steeb, hat mit Joachim Lux, Intendant des Thalia Theaters gesprochen. Wäre schöner gewesen, wenn es früher dazu gekommen wäre. Denn es wird wieder einmal klar: Wir brauchen endlich intersektionale Quoten, ein institutionalisiertes und intersektionales Gendermonitoring und Genderbudgeting, bessere Vereinbarkeit von Lohn- und Care-Arbeit, barrierefreie Zugänge vor, hinter und auf der Bühne und vieles, vieles mehr! Wir bleiben dran!
Hier geht's zum Gespräch.
Am 23. April (Abends) haben wir unsere Pressemitteilung betreffend des Spielzeitprogramms des Thalia Theaters 24/25 von Joachim Lux an unseren Presseverteiler geschickt. Darin rufen wir, aufgrund der eklatant geschlechterUNgerechten Verteilung von Regie und Autorenschaft zum Boykott des Hauses bis zum Ende der Spielzeit im Sommer 25 auf. Wir freuen uns darüber, dass wir und unsere Anliegen in der Presse wahrgenommen wurden, wenn auch entscheidende Punkte unserer Pressemitteilung unterschlagen wurden und die haltlosen Argumente von Herrn Joachim Lux unhinterfragt zu viel Raum bekommen haben.
Hier die ganze PM zum nachlesen:
Einzig Benno Schirrmeister von der taz hat die Aussagen von Herrn Lux kritisch hinterfragt und sorgfältig recherchiert. Hier geht es zum vollständigen Artikel.
Hier der Artikel von Maike Schiller vom Hamburger Abendblatt. In dem unsere PM zwar sehr viel Raum bekommt, aber die Äußerungen von Herrn Lux unhinterfragt stehen bleiben und zum Schluss auch noch auf die Premieren hingewiesen wird, die diese Spielzeit noch von Frauen* inszeniert werden. Ohne dabei zu erwähnen, dass es 2 von insgesamt nur 6 Regiepositionen im derzeitigen Spielplan sind, die mit Frauen* besetzt wurden. Bei 17 Produktionen macht das (mit sehr viel Goodwill) einen Prozentsatz von 35% aus. Weibliche* Autor:innen sind weiterhin schlechter gestellt mit nur 4 Stücken, also 23%. (War am Erscheinungstag hinter einer Bezahlschranke)
Deutschlandfunk Kultur hat ebenfalls Berichtet bzw. hat Herrn Lux interviewt. Wo er auch noch die Frage stellt, was wir (PQB) denn machen, um das Theater zu verändern... und fordert Fairness und Behutsamkeit... ihm gegenüber. Schön auch die Aussage, dass wir ein "Zerrbild" herstellen würden und gleichzeitig wohl unwissend sind, was alles schon getan wurde/wird. (Die Audiodatei muss evtl. zuerst runtergeladen werden, damit sie abspielbar ist)
Beim NDR wurden Ausschnitte aus dem Interview mit Deutschlandfunk Kultur abgespielt. Herr Peter Helling hat dazu reagiert und findet uns "gemein" wenn auch poetisch in der Ausdrucksweise. Zudem wirft er uns vor "nachzutreten"... wir finden, wer hier "nachtritt" ist Herr Lux. (Der Bericht über PQB beginnt ab 5:48)
Simone Kämpf von nachtkritik.de hat das "Schlusswort" Herrn Lux überlassen in dem Sie ihn zitiert: "Wir sind nicht weit genug. Da muss noch was passieren (...). Aber einfach nur einen Boykottaufruf in die Welt zu schicken, fällt nach meinem Dafürhalten auf die zurück, die ihn auslösen." Nun ja... wir werden sehen. Hier der vollständige Beitrag. Spannend sind auch die Kommentare.
Und dass theapolis auf uns und den taz-Artikel hingewiesen hat freut uns natürlich sehr!
Wir haben uns im Februar diesen Jahres online mit Susanne Kurz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bayern getroffen und unseren Input für eine "Große Anfrage" gegeben, die sie am 17.02.2023 beim Bayerischen Landtag gestellt hat. Am 20.03.23 hat der zuständige Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume, schriftlich geantwortet. Oder besser gesagt, "nicht-geantwortet"; ganze 21 Seiten ist diese Informationsverweigerung lang. Hier könnt ihr sie nachlesen inklusive unseren Kommentaren.
PRESSEMITTEILUNG ZUM EQUAL PAY DAY IN KUNST UND KULTUR
Laut Statistischem Bundesamt lag der Gender Pay Gap im Durchschnitt aller Branchen in Deutschland am 30.01.2023 bei 18%. Die Bundesrepublik belegt somit in der EU den drittletzten Platz. Der europäische Durchschnitt beträgt 13%. Als Ziel hat sich die deutsche Regierung 10% bis zum Jahr 2030 gesetzt. Wir finden, das ist unzureichend.
Würden in Deutschland sowohl das Grundgesetz Artikel 3 Abs. 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ als auch das AGG – Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vollständig umgesetzt, wäre eine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung in der Entlohnung von Arbeit gar nicht erst möglich.
Um auf diese Schieflage aufmerksam zu machen, hat der Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. 2008 die Kampagne „Equal Pay Day“ ins Leben gerufen. Der Equal Pay Day steht für den Tag im Jahr, bis zu dem Frauen* unbezahlt arbeiten, während Männer* schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Wird also der Prozentsatz von aktuell 18% in Tage umgerechnet, arbeiten Frauen* im Durchschnitt aller Branchen in Deutschland insgesamt 66 Tage unbezahlt. Über nicht-binäre, Trans*, Inter- und Agender Menschen sind uns diesbezüglich vom Statistischen Bundesamt keine Daten bekannt und wir gehen davon aus, dass sie nicht erfasst werden.
In Kunst und Kultur ist die geschlechtsspezifische Einkommenslücke größer: Der Gender Pay Gap von 30 Prozent(!) im Jahr 2021 (Statistisches Bundesamt, 2022) ist der Durchschnittswert einer Branche, die sich selbst als avantgardistisch bezeichnet, in der es im Bereich der Gleichberechtigung der Geschlechter allerdings düster aussieht. Denn die Honorarunterschiede (um Lohn handelt es sich wegen der zumeist freiberuflich tätigen Künstler:innen kaum) in den verschiedenen Branchen in Kunst und Kultur reichen bis zu 47%!
Deshalb nahm der BPW in diesem Jahr unter dem Motto “Die Kunst der gleichen Bezahlung” Kunst und Kultur in den Fokus ihrer Kampagne. Ihre Begründung: „Die strukturellen Ursachen, die in Kunst und Kultur zu dem eklatanten Gender Pay Gap 2021 von 30 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2022) führten, zeigen wie durch ein Vergrößerungsglas die gleichen strukturellen Ursachen, die gesamtgesellschaftlich ergeben, dass Frauen im Schnitt 18 Prozent weniger Lohn erhalten. Auch der auf neuer Datenbasis errechnete Gender Pay Gap 2022 von 20 Prozent in Kunst und Kultur liegt über dem branchenübergreifenden Durchschnittswert (Statistisches Bundesamt, 2023) – und mit einem Fünftel weniger Lohn weiterhin zu hoch!“ (Quelle: https://www.equalpayday.de, abgerufen am 16.4.2023)
Pro Quote Bühne, Pro Quote Film, Faire Share! for women artists und kunst + kind berlin, die Branchenverbände, die für Geschlechtergerechtigkeit in Kunst und Kultur kämpfen, rufen den 21.4.2023 als den Equal Pay Day in Kunst und Kultur aus. Und weisen daraufhin, dass sich nicht nur die Datenlage im Sinne einer präziseren Erfassung bzw. Abfrage, sondern auch – oder vor allem – die Berechnungsmethode des Gender Pay Gaps 2022 verändert hat. Somit erscheint es plausibler, dass der Sprung von 30% auf 20% innerhalb eines Jahres dieser Veränderung der Parameter zu Grunde liegt und nicht an einer tatsächlichen Verbesserung der Situation für FINTA*-Künstler:innen. Entsprechend bleiben wir bei unserer Berechnung bei den 30% (109,5 Tage), was bedeutet, dass weibliche* Künstler:innen bis zum heutigen Tag ohne Honorar/Lohngearbeitet haben, während die männlichen* Kollegen mit gleicher Expertise und Ausbildung seit dem 1.1.2023 für ihre Arbeit bezahlt wurden. Zudem fehlen jegliche Daten betreffend der Situation unserer nicht-binären, Trans*, Inter und Agender Kolleg:innen, sowie von denjenigen, die z.B. frei arbeiten, aber nicht in der KSK (Künstlersozialkasse) angemeldet sind und durch Mehrfachdiskriminierung noch schlechter dastehen. Weshalb wir die 109,5 Tage nicht nur aufgerundet, sondern noch einen zusätzlichen Tag hinzugefügt haben. Insgesamt 111 Tage Arbeit ohne Einkommen. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, der sofort verändert werden muss. In allen Branchen der Kunst und Kultur gibt es hochqualifizierte Künstler:innen, deren Potenzial und Perspektiven brach liegen. Das hat weder etwas mit Kunstfreiheit, noch mit Qualität zu tun; ganz im Gegenteil, werden diese durch strukturelle Ungleichheiten beschnitten. Gleiche Entlohnung ist keine „Verhandlungssache“, wie das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 16.02.2023 entschieden hat, sondern muss auf rechtlichen Grundlagen und objektiven Faktoren fußen.
Einige Zahlen zur Veranschaulichung:
BÜHNE
Komposition Gender Pay Gap 44%
Libretto/ Textdichtung Gender Pay Gap 47 %
Dirigat/Chorleitung Gender Pay Gap 36%
Darstellende Künste insgesamt Gender Pay Gap 34 %
Quelle: Deutscher Kulturrat, 2023
FILM
Autorenschaft Bühne, Film, Funk und Fernsehen Gender Pay Gap 24%
Regie/Dramaturgie Gender Pay Gap 36%
Nur jeder 5. Kinofilm wird von einer Frau* inszeniert.
Filme von Frauen* erhalten maximal 20% der bundesdeutschen Filmförderung.
Quelle: Deutscher Kulturrat, 2016, Pro Quote Film
BILDENDE KUNST
Bildhauerei Gender Pay Gap 33 %
Malerei Gender Pay Gap 29%
Industrie-, Mode-Textildesign Gender-Pay-Gap 46 %
Bildende Kunst gesamt Gender Pay Gap 30%
Quelle: Deutscher Kulturrat, 2023
Wir sind nicht bereit die Honorar- bzw. Einkommensunterschiede sowie die seltenere Förderung und Beauftragung weiterhin hinzunehmen. Wir fordern ein sofortiges Schließen des Gender Pay Gaps in
Kunst und Kultur. Wir fordern eine intersektionale und diverse Quote für FINTA*s bei der Vergabe von künstlerischen Aufträgen sowie bei der Förderung von künstlerischen Projekten. Wir
fordern Arbeitsstrukturen, die mit Care-Arbeit vereinbar sind für alle Künstler:innen aller Kunst- und Kulturbranchen. Wir fordern ein umfassendes, intersektionales und nicht-binäres
Gendermonitoring und Genderbudgeting.
Pro Quote Bühne, Pro Quote Film, Fair Share! for women artists, kunst + kind berlin
JUBILÄUMSFEIER!!!
wir laden Euch herzlich dazu ein, mit uns 5-jähriges Bestehen, erreichte Ziele und visionäre Zukunftspläne zu feiern! Zur Begrüßung wird unsere Vorstandsmitgliedin, France-Elena Damian, erzählen, was war und wohin es gehen soll, denn
unsere Bewegung ist nicht aufzuhalten, unsere Perspektiven, Geschichten und
Sichtweisen erobern die Bühnen und Kinosäle; unsere Zeit
ist JETZT!
Wann und Wo?
am Sonntag, 30. Oktober 2022, um
18 Uhr im tak - Theater Aufbau Kreuzberg (Prinzenstraße 85F, 10969 Berlin)
Programm
Als Eröffnungsact wird die Blaskappelle "Die Tiere", der auch unsere Vorstandsmitgliedin Eva Jankowski angehört, mit viel Kraft in der Lunge und Feuer im Herzen auf den Abend einstimmen!
Unsere Mitgliedin Finja Messer ist nicht nur als Produzentin und Solokünstlerin unterwegs, sondern auch Teil der Band Ute Kabel. Intergalaktisch, einzigartig, schrill: feinster Indie-Punk-Pop erwartet Euch!
Last but not least, werden uns die Schlangenknaben mit einem Auftritt beehren. Sie bieten elektronische Opernmusik, Schumann, Purcell und sefardische Volksweisen mit bumms-glitzer-Rhythmen. Knabe und Schlange in einem. Dreckige Hochkultur. Sie sind Genre- und Genderoffen und sich selbst für nichts zu schade!
Dancefloor
Ab ca. 22:00 Uhr können wir noch zusammen das Tanzbein schwingen. Unsere Vorstandsmitgliedin Helena
Kontoudakis aka DJane Rythmix lässt keine Wünsche offen! Gespielt wird, was Spaß macht; bis die Wolken wieder lila sind!
Anmeldung
Damit wir wissen, wie groß die Torte werden soll und wie viele Sektflaschen wir köpfen dürfen, teilt uns bitte bis zum 24. Oktober 2022 über
kontakt@proquote-buehne.de mit, ob Ihr kommen könnt. Selbstverständlich können sich auch Kurzentschlossene spontan hinzugesellen!
Wir freuen uns auf Euch!
Pro Quote Bühne lädt zur Veranstaltungsreihe BE:COME
VISIBLE in den Roten Salon der Volksbühne ein.
Themen sind unter anderem Geschlechtergerechtigkeit und Diversität in der Kultur- und Medienlandschaft,
Frauen*feindlichkeit und misogyne Frauen*bilder.
Hier findet ihr aktuelle Informationen und dort die Videoaufnahmen bereits über die Bühne gegangener Veranstaltungen.
Unsere Erwiderung zum SPIEGEL-Artikel vom 09. April 2021.
"(...) In einem offenen Brief kritisiert die Initiative Pro Quote Bühne die Äußerungen
der Verteidiger nun als beleidigend und spricht von »Vergewaltigungsmythen aus der Mottenkiste«. 535 Personen unterzeichneten den Brief (...)".
21.4.2021, SPIEGEL Online
"(...) Zum ersten Mal wird damit die gängige Strategie der Verteidiger von Männern, die der Sexualgewalt angeklagt sind, das mutmaßliche Opfer unglaubwürdig zu machen, nicht schulterzuckend hingenommen, sondern öffentlich gegengehalten. (...) Deshalb haben fünf Mitglieder der Initiative „Pro Quote Bühne“ eine „Öffentliche Erwiderung“ verfasst. Sie wurde bisher von über 500 Theater- und Filmschaffenden unterzeichnet (...)".
"(...) 535 Schauspiel- und Bühnenschaffende, darunter die Komödiantin Carolin Kebekus, die Schauspielerin Maren Kroymann und Regisseur Tom Lass, unterzeichneten einen offenen Brief der Organisation "Pro Quote Bühne (...)"
zu Recht den Zorn des Blogs "Pro Quote Bühne" (treffendes Zitat auf der Website:
Feminismus ist die radikale Ansicht, dass Frauen Menschen sind") und resultierte in einem sehr gut formulierten offenen Brief, der schon von zahllosen namhaften Menschen aus der Branche
unterschrieben wurde. "Das Betreten eines Zimmers ist keine Einwilligung in sexuelle Handlungen" ist nur einer der vielen guten Sätze dieses Briefes (...)"
Moritz Eggert, 24.04.2021, Bad Blog of Musik
Liebe Kolleg*innen,
es kommt leider immer wieder vor, dass eine Inszenierung vor der Premiere durch die Leitung übernommen oder abgesetzt wird. Natürlich geht niemand damit gerne hausieren, doch wir wissen inzwischen, dass die Intendant:innen der Häuser einen regen Austausch miteinander pflegen. Dieser Austausch bezieht sich auf Gagenhöhen aber auch darauf, ob man den Erwartungen entspricht oder nicht.
Wir wollen einen Austausch der Künstler:innen anregen und Informationen über den Umgang der Hauser mit
Regisseur:innen.
Wenn euch also Ähnliches widerfahren ist, sprecht uns an oder schreibt uns an kontakt@proquote-buehne.de .
Wir wollen darüber reden, darüber schreiben, darüber berichten. Ihr seid keine Einzelfälle.
Ihr seid nicht allein! Wir werden eure Geschichten anonymisieren, wenn ihr das wünscht.
In diesem Zusammenhang wollen wir einen öffentlichen Diskurs darüber initiieren, wer über die Qualität einer Inszenierung entscheiden darf. Wir regen dazu an,
Inszenierungen als Kunstwerke zu betrachten, die keiner "Zensur" einer Leitung bedürfen.
Das würde, unserer Meinung nach, die Definition von Kunstfreiheit, die Arbeitsbedingungen und das Machtgefüge an den Theatern auf jeden Fall maßgeblich verändern.
AUFRUF AN DIE THEATER:
AUFRUF AN REGISSEUR:INNEN: